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Pflichten des Anlageberaters nach BT 6 und BT 7 MaComp

Anlageberater in Deutschland unterliegen strengen Vorschriften zur Sicherstellung einer kundenorientierten und risikobewussten Beratung. Besonders wichtig sind die Vorgaben aus den §§ 63 und 64 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) sowie die im Rundschreiben 05/2018 (MaComp) festgelegten Anforderungen an die Beratung. Hierbei spielen insbesondere BT 6 (Angemessenheitsprüfung) und BT 7 (Geeignetheitsprüfung) eine zentrale Rolle. Die Angemessenheitsprüfung nach BT 6 prüft die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden bei Ausführungsgeschäften, während die Geeignetheitsprüfung nach BT 7 in der Anlageberatung die persönlichen Ziele und das Risikoprofil des Kunden berücksichtigt.

Gemäß § 64 Abs. 3 WpHG müssen Anlageberater alle Informationen über die Kenntnisse, Erfahrungen, finanziellen Verhältnisse und Anlageziele des Kunden einholen, um ihm passende Finanzinstrumente zu empfehlen. Die Geeignetheitserklärung gemäß § 64 Abs. 4 WpHG stellt sicher, dass diese Empfehlung dokumentiert wird und vor Vertragsabschluss an den Kunden übergeben wird. Diese gesetzlichen Vorgaben werden durch die MaComp präzisiert und konkretisiert.

Transparenz schafft Vertrauen – Genauigkeit bei der Herkunft der Mittel.

BT 6 MaComp: Angemessenheitsprüfung

BT 6 der MaComp beschreibt die Anforderungen an die Angemessenheitsprüfung bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die keine Anlageberatung anbieten, sondern lediglich Geschäfte auf Kundenanweisung ausführen. Die Prüfung zielt darauf ab, zu ermitteln, ob der Kunde die Risiken eines Finanzinstruments versteht, bevor ein Geschäft abgeschlossen wird.

1. Informationspflicht des Beraters: Nach § 63 Abs. 10 WpHG ist der Berater verpflichtet, Informationen über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden im Umgang mit bestimmten Finanzprodukten zu erheben. Dies umfasst:

  • Die Art der bisherigen Investitionen,
  • Die Dauer und Häufigkeit dieser Investitionen sowie
  • Die erlittenen Verluste und Erfolge.

Die erhobenen Daten sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass der Kunde das Finanzinstrument und dessen Risiken vollständig versteht. Fehlen diese Informationen, darf der Berater das Produkt nicht als angemessen einstufen.

2. Hinweispflicht bei nicht ausreichenden Kenntnissen: Sollte der Kunde nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügen, oder lehnt er die Abfrage ab, ist der Berater verpflichtet, den Kunden auf die mögliche Unangemessenheit des Geschäfts hinzuweisen. Diese Pflicht ergibt sich aus Art. 56 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565. Dem Kunden muss klar vermittelt werden, dass er ohne diese Informationen potenziellen Risiken ausgesetzt ist.

3. Keine Angemessenheit ohne ausreichende Informationen: Wenn der Berater aufgrund unzureichender Informationen keine fundierte Einschätzung über die Kenntnisse des Kunden treffen kann, darf das Produkt nicht als angemessen angesehen werden. Hierbei steht die Pflicht des Beraters im Vordergrund, den Kunden vor unangemessenen Risiken zu schützen.


BT 7 MaComp: Geeignetheitsprüfung

BT 7 der MaComp legt die Anforderungen an die Geeignetheitsprüfung und die Erstellung der Geeignetheitserklärung fest, die bei jeder individuellen Anlageberatung zwingend durchgeführt werden muss. Diese Prüfung hat das Ziel, das Finanzprodukt im Detail mit den persönlichen Anlagezielen und der Risikobereitschaft des Kunden abzugleichen.

1. Erhebung relevanter Kundeninformationen: Gemäß § 64 Abs. 3 WpHG ist der Berater verpflichtet, umfassende Informationen zu den finanziellen Verhältnissen, der Risikotoleranz und den Anlagezielen des Kunden zu erheben. Dies umfasst insbesondere:

  • Die Fähigkeit des Kunden, Verluste zu tragen,
  • Die Risikobereitschaft und
  • Spezifische Anlageziele, einschließlich Nachhaltigkeitspräferenzen.

Diese Daten sind die Basis, um geeignete Finanzinstrumente für den Kunden auszuwählen. Produkte, die diese Kriterien nicht erfüllen, dürfen nicht empfohlen werden.

2. Erstellung der Geeignetheitserklärung: Ein zentrales Element der Geeignetheitsprüfung ist die Geeignetheitserklärung. Gemäß § 64 Abs. 4 WpHG muss diese Erklärung dem Kunden auf einem dauerhaften Datenträger vor Abschluss des Vertrages zur Verfügung gestellt werden. Die Geeignetheitserklärung muss enthalten:

  • Die Empfehlung des Beraters,
  • Eine Begründung, warum das empfohlene Produkt den Zielen und Bedürfnissen des Kunden entspricht.

Diese Dokumentation ist verpflichtend und ein Verzicht seitens des Kunden ist nicht vorgesehen. Selbst bei einem Abschluss über Fernkommunikationsmittel (z.B. Telefon oder Online), muss die Erklärung zeitnah zur Verfügung gestellt werden, wie in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565, Art. 54 geregelt.

3. Regelmäßige Überprüfung der Geeignetheit: Die Arbeit des Beraters endet nicht mit der Erstellung der Geeignetheitserklärung. BT 7 der MaComp fordert, dass die Eignung der empfohlenen Produkte regelmäßig überprüft wird, insbesondere bei wesentlichen Änderungen der Marktbedingungen oder der finanziellen Situation des Kunden. Diese fortlaufende Pflicht dient dem Schutz des Kunden vor unerwarteten Risiken und Marktveränderungen.

Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfung im Überblick

Kriterium Angemessenheitsprüfung
(BT 6 / § 63 Abs. 10 WpHG)
Beratungsfreies Geschäft
Geeignetheitsprüfung + Angemessenheitsprüfung
(BT 6 / BT 7)
Anlageberatung
Art der Dienstleistung Beratungsfreies Geschäft Anlageberatung
Prüfung Nur Angemessenheitsprüfung: Prüfung der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden. Angemessenheits- und Geeignetheitsprüfung: Einschätzung der Kenntnisse, Erfahrungen, Ziele und finanziellen Verhältnisse des Kunden.
Kundeninformationen Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden werden erfragt. Detaillierte Informationen zu Zielen, Risikobereitschaft, finanziellen Verhältnissen und Nachhaltigkeitspräferenzen werden erhoben.
Produktempfehlung Keine Empfehlung, nur Ausführung nach Kundenwunsch. Individuelle Produktempfehlung, die zu den Zielen und Präferenzen des Kunden passt.
Dokumentation Hinweispflicht bei Unangemessenheit des Geschäfts. Verpflichtung zur Erstellung und Aushändigung der Geeignetheitserklärung.
Fortlaufende Prüfung Keine Nachprüfung erforderlich. Regelmäßige Überprüfung der Geeignetheit.

Besonderheiten des reinen Ausführungsgeschäfts

Das reine Ausführungsgeschäft unterscheidet sich von der Anlageberatung darin, dass keine Empfehlungen oder persönliche Ratschläge gegeben werden. Im Rahmen von BT 6 MaComp ist es hier die Pflicht des Wertpapierdienstleistungsunternehmens, lediglich die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden zu überprüfen, um festzustellen, ob dieser die Risiken der Finanzinstrumente versteht. Es erfolgt keine tiefergehende Prüfung der finanziellen Verhältnisse oder der Anlageziele. Der Kunde erhält in der Regel keine individuelle Beratung, sondern agiert eigenverantwortlich. Wichtig ist die Hinweispflicht, falls das Geschäft für den Kunden als unangemessen eingestuft wird.

Die Besonderheit liegt darin, dass das Unternehmen keinen Einfluss auf die Entscheidung des Kunden nimmt und keine Produktempfehlung abgibt. Der Kunde trifft seine Entscheidungen selbst, basierend auf seinen bisherigen Erfahrungen und Kenntnissen, was die Transparenz und den Schutz des Kunden durch die Angemessenheitsprüfung absichert.

Unterschied zwischen Anlageberatung und Beratungsfreiem Geschäft

Kriterium Anlageberatung
(§ 64 Abs. 4 WpHG)
Beratungsfreies Geschäft
(§ 63 Abs. 10 WpHG)
Beratungsfreies Geschäft
(§ 63 Abs. 11 WpHG)
Prüfung Geeignetheitsprüfung Angemessenheitsprüfung Keine Prüfung
Kundeninformation Detaillierte Erhebung von Zielen, Risikoprofil und finanzieller Situation Erhebung von Kenntnissen und Erfahrungen Allgemeine Informationen zu Risiken und Kosten
Produktempfehlung Ja, auf den Kunden zugeschnitten Nein, keine persönliche Empfehlung Nein, keine Empfehlung
Geeignetheitserklärung Verpflichtend Nicht erforderlich Nicht erforderlich
Komplexe Finanzprodukte Zulässig Zulässig (nach Angemessenheitsprüfung) Nur nicht-komplexe Produkte

Fazit: Angemessenheits- vs. Geeignetheitsprüfung

BT 6 und BT 7 der MaComp ergänzen sich, indem sie zwei unterschiedliche Bereiche des Beratungsprozesses abdecken. Die Angemessenheitsprüfung nach BT 6 ist eine grundlegende Abfrage der Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden, die vor Ausführungsgeschäften ohne konkrete Beratung durchgeführt wird. Dagegen geht die Geeignetheitsprüfung nach BT 7 tiefer, indem sie die spezifischen Anlageziele und finanziellen Verhältnisse des Kunden berücksichtigt. Die Geeignetheitserklärung bietet zudem eine wichtige Dokumentation der Beratung und stellt sicher, dass die Interessen des Kunden im Mittelpunkt stehen. Beide Prüfungen haben das Ziel, Kunden vor unangemessenen Risiken zu schützen und die Transparenz im Anlageprozess zu erhöhen.

Für weitere Details zu den Anforderungen gemäß BT 6 und BT 7 MaComp kannst du das BaFin-Rundschreiben 05/2018 (MaComp) einsehen.


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