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Digitale Identifizierung neu definiert: Einführung der GwVideoIdentV

Die geplante Verordnung zur Geldwäschevideoidentifizierung, GwVideoIdentV, ist ein wichtiger Schritt zur gesetzlichen Regelung und Erweiterung des Videoidentifizierungsverfahrens in Deutschland. Dieses Verfahren wurde bereits durch das Rundschreiben RS 3/2017 der BaFin eingeführt und wird nun durch die aktuelle Verordnung präzisiert und erweitert.

Geldwäschevideoidentifizierungsverordnung – GwVideoIdentV

Zielsetzung und Notwendigkeit der erweiterten Regelungen zur Videoidentifizierung

m Zuge der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft wächst die Notwendigkeit, robuste und zuverlässige Fernidentifizierungsverfahren zu implementieren. Die Bundesrepublik Deutschland intensiviert ihre Bemühungen im Rahmen der Digitalisierungsstrategie, um die nationale Infrastruktur zukunftsfähig zu gestalten. In diesem Kontext spielt das Videoidentifizierungsverfahren eine zentrale Rolle, da es derzeit das vorherrschende Verfahren zur nicht-ortsgebundenen Identifizierung darstellt und als Brückentechnologie zu umfassenderen elektronischen Identifizierungssystemen dient.

Die Nutzung des Videoidentifizierungsverfahrens hat in den letzten Jahren signifikant zugenommen; Bundesweit wurden im Jahr 2019 etwa 6 Millionen Video-Identifikationen durchgeführt, wobei laut Anbieterangaben rund 85 % der Identifizierungen über mobile Endgeräte wie Smartphones abgewickelt wurden. Diese Zahlen verdeutlichen die breite Akzeptanz und die Flexibilität des Verfahrens, das unabhängig von spezifischen Endgeräten genutzt werden kann. Die technischen Voraussetzungen wie Bandbreite, Latenzzeiten, Kameraqualität und Raumausleuchtung sind dabei entscheidend, um eine hohe Qualität und Sicherheit der Identifizierung zu gewährleisten.

Ein weiterer Vorteil des Videoidentifizierungsverfahrens ist seine Barrierefreiheit. Es ermöglicht auch Menschen mit Beeinträchtigungen, sich sicher und unkompliziert zu identifizieren. Die Verfügbarkeit des Verfahrens außerhalb der üblichen Geschäftszeiten und die generelle Ortsunabhängigkeit bieten zudem eine große Flexibilität für Nutzer.

Gemäß § 11 des Geldwäschegesetzes sind Verpflichtete angehalten, von ihren Vertragspartnern oder deren Vertretern sowie von wirtschaftlich Berechtigten vor Begründung einer Geschäftsbeziehung oder vor Durchführung von Transaktionen Identifikationsdaten zu erheben. Diese Daten müssen laut § 12 des Geldwäschegesetzes überprüft werden, wobei das Videoidentifizierungsverfahren als ein solches Verfahren dient, das die geldwäscherechtliche Überprüfung der Identität ermöglicht und ein gleichwertiges Sicherheitsniveau bietet.

Angesichts der technologischen Fortschritte und der zunehmenden Notwendigkeit, Identitätsüberprüfungen effizienter und kostengünstiger zu gestalten, kommt dem Videoidentifizierungsverfahren eine wachsende Bedeutung zu. Nicht nur im Finanzsektor, für den es bisher primär zugelassen war, sondern auch im Nichtfinanzsektor besteht ein zunehmender Bedarf, die geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten mittels dieses Verfahrens zu erfüllen. Dies trägt dazu bei, dass in Deutschland ansässige Verpflichtete ihre Reichweite bei Kunden, die nicht vor Ort sind, sowohl überregional als auch international sicherstellen können.

Schlüsselaspekte der GwVideoIdentV

Gesetzliche Regelung: Die Verordnung sieht vor, das bereits etablierte Videoidentifizierungsverfahren für geldwäscherechtliche Identifizierungen, wie zum Beispiel bei Kontoeröffnungen, auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Dies geschieht durch die Verordnungsermächtigung des § 13 Absatz 2 des Geldwäschegesetzes (GwG), die mit dem Geldwäschegesetz vom 23. Juni 2017 geschaffen wurde.


Erweiterung des Anwendungsbereichs: Bisher galt das VideoIdent-Verfahren nur für Unternehmen, die unter der Aufsicht der BaFin stehen und dem Geldwäschegesetz unterliegen. Die neue Verordnung soll das Verfahren auf alle gesetzlich Verpflichteten ausweiten, einschließlich des Nichtfinanzsektors. Das bedeutet, dass zukünftig mehr Unternehmen dieses Verfahren nutzen können und müssen, um den gesetzlichen Anforderungen zur Geldwäscheprävention gerecht zu werden.


Einführung teilautomatisierter und vollautomatisierter Verfahren: Es wird auch die Möglichkeit für den Einsatz teilautomatisierter Verfahren geschaffen, und es ist eine Experimentierklausel für vollautomatisierte Verfahren vorgesehen. Dies ermöglicht eine effizientere Durchführung von Identitätsüberprüfungen, was die Kosten senken und die Durchführung beschleunigen kann.


Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit: Durch die Erweiterung und gesetzliche Regelung wird die Wettbewerbsfähigkeit der in Deutschland ansässigen Anbieter, die dem Geldwäschegesetz unterliegen, gestärkt. Sie können innovative Technologien einsetzen, um die Identitätsprüfung effizienter und sicherer zu gestalten.


Integration des eID-Verfahrens in die Geldwäscheprävention

Ein zentraler Aspekt der neuen Regelungen zur Identitätsüberprüfung ist die Notwendigkeit, das eID-Verfahren als gleichwertige Option anzubieten. Dieses Verfahren ermöglicht den elektronischen Identitätsnachweis mittels eines deutschen Personalausweises, einer eID-Karte für Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums oder eines elektronischen Aufenthaltstitels, vorausgesetzt diese sind entsprechend freigeschaltet.

Ergänzend zu den traditionellen Methoden sind gemäß § 12 Absatz 1 Nummer 3 und 4 des Geldwäschegesetzes weitere Identifizierungsverfahren zugelassen. Dazu zählt beispielsweise die Nutzung der qualifizierten elektronischen Signatur nach Artikel 3 Nummer 12 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt. Diese Verordnung hebt hervor, wie wichtig es ist, moderne Technologien zur sicheren und effizienten Durchführung von Identitätsnachweisen einzusetzen.

Die regulatorische Forderung, dass das eID-Verfahren gleichwertig zum Videoidentifizierungsverfahren angeboten werden muss, zielt darauf ab, die Nutzerfreiheit zu wahren. Die Darbietung des eID-Verfahrens soll in einer Art erfolgen, die es dem Nutzer ermöglicht, auf den ersten Blick eine informierte Entscheidung zu treffen. Anbieter dürfen die zu identifizierende Person nicht durch das Design der Benutzerschnittstelle zur Bevorzugung eines bestimmten Verfahrens verleiten. Dies stellt sicher, dass alle verfügbaren Identifizierungsmethoden als vollwertige und gleichwertige Alternativen präsentiert werden, was die Transparenz und Wahlmöglichkeit für die Endnutzer erheblich verbessert.


Aktionsplan zur Implementierung der GwVideoIdentV-Verordnung

Um sicherzustellen, dass du die Anforderungen der Geldwäschevideoidentifizierungsverordnung effektiv erfüllst und gleichzeitig die Sicherheit und Compliance deiner Prozesse gewährleistest, solltest du folgende Schritte beachten:

  • Erweiterung deines Videoidentifizierungsverfahrens um das eID-System:
    Integriere das eID-Verfahren in dein bestehendes Videoidentifizierungsverfahren, um eine umfangreichere Palette von Identifizierungsoptionen anzubieten und die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen.
    Passe deine technische Infrastruktur und Softwarelösungen entsprechend an, um beide Verfahren effizient zu unterstützen.

  • Vertragsprüfung und Anpassung:
    Überprüfe alle deine bestehenden Verträge und Dienstleistungsvereinbarungen mit Technologieanbietern und Drittdienstleistern, um sicherzustellen, dass sie den neuen Bestimmungen der Verordnung entsprechen.
    Aktualisiere die Vertragsbedingungen, um Compliance-Anforderungen klar zu definieren und mögliche Haftungsrisiken zu minimieren.

  • Überprüfung der Sicherheitsstandards deines Videoidentverfahrens:
    Führe eine gründliche Überprüfung der Sicherheitsstandards durch, die in deinen Videoidentifizierungsprozessen implementiert sind, einschließlich der Datensicherheit und der physischen Sicherheit der Systeme.
    Implementiere zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie verbesserte Verschlüsselungstechniken und Zugriffskontrollen, um den Schutz der persönlichen Daten deiner Nutzer zu gewährleisten und den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden.

Ausschluß des SSI-Verfahrens in der aktuellen Regelung

Das Self-Sovereign Identity (SSI)-Verfahren repräsentiert einen fortschrittlichen Ansatz zur Identitätsverwaltung, der Individuen und Organisationen volle Kontrolle über ihre eigenen Identitätsdaten gewährt. Dieser Ansatz ermöglicht es Nutzern, ihre digitale Identität eigenständig zu besitzen und zu verwalten, ohne von zentralen Autoritäten abhängig zu sein.

Trotz seiner Vorteile in Bezug auf Datenschutz und Nutzerkontrolle kann das SSI-Verfahren derzeit in Deutschland nicht für die geldwäscherechtliche Identifizierung eingesetzt werden. Es erfüllt nicht die spezifischen Anforderungen des deutschen Geldwäschegesetzes und der entsprechenden Verordnungen. Aktuelle Regelungen fordern Verfahren mit expliziter gesetzlicher Basis und regulatorischer Zustimmung. Die qualifizierte elektronische Signatur und das eID-Verfahren, die den rechtlichen Anforderungen genügen und das erforderliche Sicherheits- und Verifikationsniveau bieten, sind Beispiele für zugelassene Methoden.

Die Entscheidung, das SSI-Verfahren nicht einzubeziehen, unterstreicht die Notwendigkeit, alle Identifizierungsverfahren einer strengen Überprüfung zu unterziehen, um sowohl die Sicherheitsstandards als auch die Integrität der Finanztransaktionen zu gewährleisten. Diese Regelung fördert das Ziel, Compliance zu maximieren und Schutz vor Missbrauch in Finanztransaktionen zu sicherzustellen.


Kontext der gesetzlichen Regelung zu SSI

Die Einführung einer Regelung für das SSI-Verfahren zur geldwäscherechtlichen Identifizierung ist derzeit nicht vorgesehen. Obwohl der Gesetzgeber mit dem Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz vom 30. Juni 2021 die Verordnungsermächtigung nach § 13 des Geldwäschegesetzes erweitert hat, um die Erprobung neuer Verfahren zu ermöglichen und digitale Identitätsnachweise schnell in die geldwäscherechtliche Identifizierung zu integrieren, hat sich im Bereich der Kontoeröffnungen gezeigt, dass statt des SSI-Verfahrens die bereits etablierten eID-Verfahren bevorzugt werden. Diese sind durch die Bestimmungen in § 12 Absatz 1 Nummer 2 des Geldwäschegesetzes bereits umfassend abgedeckt.


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